Mit dem nächsten Band 108/109 kommen wir zum Schriftsteller Gustav Frenssen. Der Pastor schaffte mit seinem Entwicklungsroman Jörn Uhl den Durchbruch in Deutschland und auch im Ausland (vor allem in den skandinavischen Ländern). Er wurde auch von Kollegen positiv aufgenommen, z.B. von Rilke, und verfasste danach auch einige Kolonialromane mit klar rassistischen Motiven was dem damaligen Zeitgeist entsprach (Stichwort Völkerschau) aber keine negativen Auswirkungen für ihn hatte. 

Hier gibt es einige Musterseiten aus unserer Originalausgabe: Blick ins Buch: Band 108/109

Der Autor wurde mit der Zeit immer antisemitischer und ging dann vollkommen mit dem NS-Regime auf und veröffentlichte noch einige Werke die zur Blut-und-Boden-Literatur zählen.

In unserer Erläuterung startet Autor Paul Sommer mit einem Diskurs über Kunst und dem Heimatbegriff, mit dem Abstand von über 100 Jahren und zwei Weltkriegen würde man wohl von zuwenig Distanz sprechen - ein Zeitzeuge eben. Wir haben eine Textstelle gewählt, die einem nicht sogleich die Luft zwischen die Zähne einziehen läßt. Aus dem Originalvorwort: "Fürwahr hierin lieg gleicherweise das feine Naturempfinden eines malenden Künstlers und das großartige sinfonische Empfinden einen großen Tonmeisters; es sind harmonische Akkorde der Palette und der Partitur: es ist echte Heimatkunst, die uns hier entgegenstrahlt." "Keine Mode sondern Kunst, die bleibt". Die Heimatverbundenheit Frenssens spiegelt deutlich die der Vor-Nazizeit; macht uns mißstrauisch und nachfolgende Generationen eher dazu gebracht hat, bei Heimatromanen lieber einmal Abstand zu nehmen - aus gutem Grund. Leider kann man bei Frenssen auch nicht behaupten, dass es eine, reine, naiver Heimatliebe und Naturbewunderung war. Es ist immer schwierig, sich in diesem Zusammenhang über die Schönheit der Sprache zu äussern, über den Fluss der Geschichte oder die feinen Charakterzeichnungen - da hilft nur eines: selber lesen!

Inhaltlich zu seinem Werk Jörn Uhl: als Pastor in Dithmarschen hatte Frenssen oft mit ansehen müssen, wie Bauern ihren Hof vertranken und verspielten; Frenssen erzählt oft auf plattdeutsch von einem "harten Menschenschlag". Das Buch hatte wegen seiner engen Beziehung zur holsteinischen Landschaft einen außerordentlichen Erfolg, der nur noch durch Frenssens nächsten Roman, "Hilligenlei" (1905), übertroffen wurde.